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„Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele“. So formulierte einst Pablo Picasso die Bedeutung von Kunst. Kunst kann so vieles: Kunst ist Bildung, Kunst ist der Ausdruck von Individualität, Kunst ermahnt, sie zeigt auf, spiegelt – das Individuum und die Gesellschaft. Kunst ist eine Form von Freiheit, Kunst macht sichtbar, sie wird von allen verstanden und will doch interpretiert werden. Sie ist die Seele der Welt. Das sind Gründe genug, Kunst für jedermann zugänglich, erschwinglich und sichtbar zu machen. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die Wetzlarer Artothek.
Bild Drache
Das neueste Kunstwerk in der Sammlung der Artothek: "Der Glücksdrache" von INK Sonntag Ramirez-Ponce. Im Hintergrund der Thementeil "Formen und Farben". © Sabine Glinke

Was eine Bibliothek für Bücher und Artverwandtes ist, ist eine Artothek für Kunstwerke. Doch im Gegensatz zu einer Bibliothek, in der es eigentlich in nahezu jeder Stadt und Gemeinde eine gibt, sind Artotheken selten. In Hessen gibt es insgesamt nur sieben, eine davon befindet sich im Kulturhaus Wetzlar im Untergeschoss der Stadtbibliothek neben der Stadtgalerie. Eröffnet am 31. Januar 1992 – damals in den Räumen der alten Stadtbibliothek im Haus am Dom – feiert die Artothek Wetzlar dieses Jahr Jubiläum. Aus diesem Anlass zeigt die Stadtgalerie noch bis zum 13. März eine Sonderschau mit dem Titel „30 Jahre Artothek in der Stadtbibliothek“. Kuratiert hat diese Nikolett Simon – die Kunsthistorikerin zeichnet seit dem Eintritt in den Ruhestand von Ulrike Sott, die viele Jahre die Geschicke der Galerie beim Wetzlarer Kulturamt lenkte, für die Stadtgalerie verantwortlich. Für Nikolett Simon ist es die erste selbst kuratierte Ausstellung. Bevor sie die Zuständigkeit für die Galerie von Ulrike Sott übernahm, arbeitete sie unter anderem für die städtischen Museen. Eine Ausstellung, auf die sie stolz sein kann, denn die Schau punktet vor allem durch ihre stilistische Vielfalt und eine gelungene Auswahl, welche die Artothek bestens repräsentiert.

Künstlerförderung, aber auch soziale Funktion

Doch welche Funktion nimmt sie ein, so eine Artothek? Eine Artothek ist eine Künstlerförderung und ein Ort der Kunstvermittlung zugleich. Sie bietet zeitgenössischen Künstlern eine Plattform, ihre Kunst dauerhaft zugänglich zu machen.

Artothek
Ein Blick in die Wetzlarer Artothek. Die Bilder wählt man anhand des Kataloges in den bunten Mappen aus. © Sabine Glinke

Seit nunmehr 30 Jahren sammelt, archiviert und katalogisiert die Stadt Wetzlar, ausgesuchte Werke von Künstlern und Künstlerinnen, die bereits in städtischen Einrichtungen ausgestellt haben. Vor allem Werke regionaler Künstler umfasst die Sammlung, aber auch welche internationaler Größen, die bereits in Wetzlar ausgestellt haben, sind dabei. Der besondere Kniff einer Artothek: Die katalogisierten und in Regalen gelagerten Werke können Kunden der Stadtbibliothek gegen eine geringe Gebühr ausleihen – und somit für mehrere Monate die eigenen vier Wände verschönern und Kunst genießen. „Die Artothek hat zwei Funktionen“, erklären Nikolett Simon und Karin Böttcher, die stellvertretende Leiterin der Stadtbibliothek. Zum einen sollen dadurch regionale Künstler und Künstlerinnen unterstützt und gefördert werden, zum anderen möchte man Kunstwerke auch Menschen zugänglich machen, die es sich nicht leisten können, selbst Kunstwerke anzuschaffen. Es gibt zwei Wege, wie Bilder – oder auch Skulpturen – den Weg in die Regale und Kataloge der Artothek finden. „Entweder die Stadt kauft die Bilder von en Künstlern, oder diese stellen Werke als Dauerleihgabe zur Verfügung“, erklärt Nikolett Simon.

Idee stammt vom ehemaligen OB Wolfram Dette

Die Idee, in Wetzlar eine Artothek zu etablieren, stammt vom ehemaligen Oberbürgermeister Wolfram Dette. „Damals war er noch nicht Oberbürgermeister, sondern nur in der Funktion des Kulturdezernenten“, erinnert sich Bibliotheksmitarbeiter Peter Kreuter, der 2006 anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Stadtbibliothek Wetzlar eine Festschrift mit dem Titel „100 Jahre Lesen, Leihen, Lernen im Schatten des Doms“ recherchiert und verfasst hat.

Architektur
Die Skulptur Circe von Paul Wunderlich betrachtet die Bilder zum Thema "Architektur". © Sabine Glinke

Der Gedanke Dettes: Die damals schon im städtischen Magazin lagernden Bilder und somit die zeitgenössische Kunst sollten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und die Bildern der Bürgern zur Verfügung stehen, statt im Archiv zu verstauben. Nachdem die Werke katalogisiert worden waren, eröffnete die Artothek in den Räumen der damaligen Stadtbibliothek, zunächst mit 110 Exponaten verschiedener Stilrichtungen, 2005 war der Bestand bereits auf 207 Bilder und Skulpturen angewachsen. Heute sind es 333 Gemälde und 10 Skulpturen. Ausleihen kann man die Werke für insgesamt drei Monate für 4 Euro pro Exponat – auch das Reservieren eines derzeit ausgeliehenen Bildes ist möglich. Die Auswahl trifft der Nutzer anhand des in Ordnern befindlichen Kataloges, denn sichtbar ausgestellt werden können die Bilder aus Platzgründen natürlich nicht. Für Firmen besteht eine Sonderregel – diese können Bilder auch für ein halbes Jahr ausleihen. Die Gebühr beträgt dann 10 Euro pro Bild. Zum Beispiel Arztpraxen und Anwaltskanzleien nutzen dieses Angebot gerne.

Sonderausstellung in der Stadtgalerie

Die Sonderausstellung „30 Jahre Artothek der Stadt Wetzlar“, die auch als virtueller Rundgang unter www.wetzlar.de verfügbar ist, zeigt einen gelungenen Querschnitt der Sammlung. Verschiedene Stile und Techniken lokaler Künstler und einiger prominenter Namen der zeitgenössischen Kunstszene zeigen, wie vielfältig die Artothek bestückt ist und dass sich hier für jeden Kunstgeschmack ein gefälliges Werk finden lässt.

PopArt-Kunst
Starker Kontrast: Von "Pop Art und Buntes" geht es in die "Phantasiewelten in Schwarz-Weiß" © Sabine Glinke
Abstrakte Kunst
Links die Sektion "Bild & Schrift", rechts ein Blick auf den Themenblock "Abstrakte Kunstwerke". © Sabine Glinke

Die Ausstellung ist in Themen sortiert – neben bunter PopArt von populären Künstlern wie Niki de Saint Phalle und James Rizzi prangen Werke von Janosch und das berühmte Gemälde „Goethe in Wetzlar“ von Moritz Götze. Links davon hat Nikolett Simon eine Reihe von Bildern zum Themenkomplex Architektur aufgehängt, dort finden sich auch Werke von lokal bekannten Künstlern wie Lamar Dreuth und Dieter Mulch. Weiter geht es mit den „Phantasiewelten in Schwarz-Weiß“ – hier lohnt sich vor allem bei Robert Freunds „Analogie“ genaueres Hinsehen. Weiter geht es mit den Themenblöcken „Porträts“, „Formen und Farben“, „Abstrakte Kunstwerke“ sowie „Bild & Schrift“. Neben Bildern sind in der Ausstellung auch einige Skulpturen aus der Artothek zu finden. Die Sonderschau läuft noch bis zum 13. März.

Kontakt & Öffnungszeiten

Die Öffnungszeiten der Artothek und der Stadtgalerie* richten sich nach denen der Stadtbibliothek. Diese sind: Dienstag, Mittwoch und Freitag von 12 bis 18 Uhr; Donnerstag von 10 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 10 bis 15 Uhr; montags und an Feiertagen ist geschlossen.

Artothek in der Stadtbibliothek im Kulturhaus Wetzlar, Bahnhofstraße 6, 35576 Wetzlar.

Telefon: 06441-994112 und 06441 994113 E–Mail: stadtbibliothekwetzlarde.

(*noch bis zum 4. März gilt für den Besuch in der Stadtgalerie 2Gplus. Die Stadtbibliothek ist ohne G-Regeln zugänglich).

Weitere Ausstellungen in der Stadtgalerie in diesem Jahr

18.3. bis 15.5.: BKK Mittelhessen - Synergien

20.5. bis 17.7.: Kunstverein Wetzlar - Aufbruch (am 20.05. „Nacht der Galerien und Museen“)

29.7. bis 25.9.: Künstlersonderbund Deutschland – Sonderausstellung im Rahmen des 250.-jährigen Goethejubiläums, Ausstellungstitel: „Wär‘ nicht das Auge sonnenhaft…“ - Goethe in der modernen Kunst

14.10. bis 8.1.: Verkaufsausstellung mit Werken des innerstädtischen Bilderverleihs. Erstmalig öffnet der innerstädtische Bilderverleih seine Pforten und bietet seine Kunstwerke zum Verkauf an. In Kooperation mit regionalen Künstlern verschiedener Kreativbereiche verwandelt sich das gesamte Kulturhaus zu einer stetig wechselnden Verkaufsaktionsfläche. Der innerstädtische Bilderverleih ist ein Angebot für die städtischen Angestellten. Diese können über den Verleih Bilder für ihre Büroräume oder ähnliches anmieten.