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Gedenkstein für Carl Kellner im Rosengärtchen

Die heutige Grünanlage „Rosengärtchen“ war ab 1757 der erste Friedhof außerhalb der Stadtmauer und wurde während des ersten Weltkriegs zur Parkanlage umgestaltet. Dabei ist der Grabstein der Familie Kellner verloren gegangen.

Im Jahr 1926 wurde dieser Gedenkstein mit einem fehlerhaften Geburtsdatum errichtet. Richtig ist, dass Carl Kellner am 21. März 1826 in Hirzenhain/Oberhessen als Sohn des Hüttenverwalters der dortigen Buderus‘schen Hütte geboren wurde. Sein Vorname wird laut Taufregister mit C geschrieben. Etwa im Alter von acht Jahren zog Carl Kellner mit seinen Eltern nach Oberndorf (heute Solms), wo sein Vater die Hüttenverwaltung in Diensten des Fürsten zu Solms-Braunfels übernahm.

Carl Kellner
Carl Kellner © Gerhild Seibert

Nach einer Mechaniker-Lehre ging Kellner auf Wanderschaft und lernte in Hamburg Moritz Hensoldt kennen. Verschiedene Versuche mit ihm ein gemeinsames Unternehmen zu gründen, schlugen fehl. Kellner eröffnete 1849 eine eigene Werkstatt in Wetzlar, weil er hier finanzielle Unterstützung durch seinen Schwager, den wohlhabenden Kaufmann Johannes Hinckel, erfuhr. Die Werkstätte von Carl Kellner befand sich am „reformierten Treppchen“ in der Jäcksburg 29.

Nachdem er zuerst Fernrohre produziert hatte, baute Carl Kellner ab 1851 auch Mikroskope und bereits zwei Jahre später mehr Mikroskope als Fernrohre. Bis zu seinem Tod 1855 wurden in drei Varianten etwa 130 Mikroskope, fünf große astronomische Teleskope und ca. 100 Handfernrohre hergestellt. Der gute Ruf seiner optischen Instrumente basierte auf der hohen Qualität seiner optischen Systeme, die bei dem damaligen Kenntnisstand der Wissenschaft, der Beschaffenheit des Glases und dem technischen Können zu den Vollkommensten gehörten.


Die Wurzeln der optischen Industrie in Wetzlar

Ursprung der optischen Industrie in Wetzlar: Die erste Werkstätte von Carl Kellner in der Jägsburg

Bis zum Bau einer Wohnanlage 1976 stand in der Jäcksburg 29 ein Gebäude, welches ursprünglich als Pfarrhaus der reformierten Gemeinde diente, später aber auch Teil einer Handschuhfabrik war. Hier kündigte Carl Kellner 1849 mit der Schrift „Das orthoskopische Okular“ seine Geschäftseröffnung an und offerierte seine Produkte mit einer Preisliste.

Produkte des Optischen Instituts von Carl Kellner
Produkte des Optischen Instituts von Carl Kellner © Gerhild Seibert

Alle Pioniere der optisch-feinmechanischen Industrie in Wetzlar vor 1900 kamen von außerhalb. Die Familien Kellner, Hensoldt, Engelbert und Seibert waren miteinander verwandt. Die Mutter von Carl Kellner, die Mutter von Louis Engelbert, die Mutter von Frau Hensoldt und die Großmutter von Wilhelm und Heinrich Seibert waren Geschwister, nämlich die vier Töchter des Schusters Rudersdorf aus Haiger.

Die verwandtschaftliche Zusammenarbeit war sicherlich nicht zufällig. Vielmehr war Carl Kellner der Durchbruch in eine bessere Lebenswelt gelungen, und er suchte sich seine Mitarbeiter aus dem Kreis der Verwandtschaft. So hatte Carl Kellner der Mutter der Brüder Wilhelm und Heinrich Seibert das Ausbildungsversprechen für ihre Söhne gegeben, welches nach Kellners Tod von Friedrich Belthle anerkannt wurde. Bei Moritz Hensoldt war es anders, seine Ehe mit einer Cousine von Kellner und Engelbert ist wohl eher auf die Freundschaft mit Carl Kellner zurückzuführen.


Besonders die Anerkennung des großen Mathematikers Carl Friedrich Gauß aus Göttingen war für Carl Kellner wichtig. Kellners Verbesserung bestand aus der Zusammenstellung einer achromatischen Augenlinse mit einer bikonvexen, um ihre Brennweite von der ersteren abstehenden Feldlinse. Dieses Okular, zunächst für Fernrohre gedacht, ergab dadurch bei einem sehr großen Gesichtsfeld ein vollkommen ungekrümmtes, perspektivisch richtiges, bis an den Rand scharfes Bild.

Nach Kellners Tod 1855 wurde dessen Werkstatt zunächst von seinem Verwandten Louis Engelbert und ab 1856 von Friedrich Belthle aus Bebenhausen bei Tübingen, Gehilfe von Kellner und späterer Ehemann von Kellners Witwe, weiter geführt. Ernst Leitz I, der aus dem südbadischen Sulzburg stammte, hörte auf seiner Wanderschaft von Belthle und der Werkstatt Kellner.

Ernst Leitz kam 1864 nach Wetzlar, übernahm 1869 die Werkstätte nach Belthles Tod und gründete damit die Firma ERNST LEITZ in Wetzlar, ab 1875/76 am Kalsmunttor.

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