Auf einen Spaziergang in „Wahlheim“

Das heutige Garbenheim ist geprägt von dörflicher Idylle. Im Ortskern prägen Fachwerkhäuser, alte Hofreiten und Scheunen das Bild. Und das, obwohl 1866 bei einem Großbrand weite Teil des Dorfes zerstört wurden. Garbenheim befindet sich außerdem tatsächlich „nah am Himmel“, wie Goethe es formulierte. Weite Teile des Dorfes liegen am Hang, die umliegende Gemarkung bietet fantastische Aussichtspunkte inmitten der Natur. Nicht umsonst durchkreuzen mehrere Wanderwege das Gebiet Garbenheims. Oder führen mittendurch wie der Goetheweg, der die beliebtesten Spazierrouten des Dichterfürsten nachzeichnet und zu seinen liebsten Aussichtspunkten führt – literarische Zitate auf steinernen Stelen inklusive.
Start am Goetheplatz

Wir beginnen unseren Spaziergang im alten Ortskern, am Goetheplatz. Direkt hinter der evangelischen Kirche gelegen, die auch von weiter weg als guter Orientierungspunkt dient, sitzt der junge Goethe auf einer Bank und wartet auf Besucher, die sich neben ihm niederlassen und seine Perspektive mit einnehmen. Von hier aus schaut der lebensgroße Bronze-Goethe, den die Bildhauerin Judith Hagner erschaffen hat, auf „sein“ Denkmal und die Goethe-Linde. Das Goethe-Denkmal, ein Marmor-Obelisken mit Werther-Zitat, wurde bereits 1849, zu Goethes 100. Geburtstag, auf dem Platz installiert. Es überdauerte auch den Brand von 1866. Seit 1992 besteht es in seiner heutigen Form. 2015 kam auf Initiative des Heimatvereins Garbenheim und der Tourist-Information Wetzlar Goethe im Zuge einer Platzneugestaltung und der Einrichtung des Goetheweges die Bank mit der Bronzefigur des jungen Dichters dazu. Der Goetheplatz bildet einen wichtigen Punkt auf der Wanderung auf dem Goetheweg ein – von Wetzlar kommend, führt der Weg von hier auch wieder zurück. Für einen neuen Coup sorgt der Heimatverein Garbenheim seit kurzem am Goetheplatz: In einem Briefkasten ist ein Gästebuch hinterlegt, in das sich Besucher und Wanderer des Goetheweges eintragen können. Neben dem Gruß von zwei Abiturientin, die ihr bestandenes Abitur, zu dem auch der „Werther“ gehörte, hat sich eine begeisterte Wandergruppe eingetragen, die einzig eine Eisdiele in Garbenheim vermisst.
Streuobstwiesen, Bismarckturm und Reither Alm

Setzt man von hier aus seinen Weg durch die malerischen Gassen Garbenheims auf dem Goetheweg fort, spürt man sogleich, was der junge Dichter mit dem eingangs erwähnten Zitat gemeint hat: Es geht bergan durch die Gassen bis zu den Streuobstwiesen am Apfelbühl, die besonders im Frühjahr ein herrliches Bild abgeben. Die Ruhebank hier sollte man noch einmal nutzen, um zu verschnaufen, denn der nächste Aufstieg hat es in sich. Belohnt wird man rund um den Goetheweg, der sich immer wieder mit verschiedenen Wanderwegen kreuzt, etwa dem 3-Türme-Weg, dem Rautenweg, der von Wetzlar nach Dutenhofen führt oder dem Wetzlarer Fotoweg. Abstecher vom Goetheweg nach links und rechts lohnen, denn auch vom Bismarckturm, der Garbenheimer Warte, hat man einen wunderschönen Blick. Zwar kann der Turm aus baulichen Gründen nicht bestiegen werden, nicht umsonst jedoch hat die Stadt Wetzlar in Zusammenarbeit mit dem Lions-Club hier eine Picknickgarnitur aufgestellt. Ebenfalls ein wunderbares Panorama bietet sich von der Freifläche der
Garbenheimer Grillhütte „Reither Alm“ (in Anlehnung an die Partnerstadt Reitz in Kitzbühel) – wie der Bismarckturm auch ein wundervoller Platz für ein Picknick. Die Grillhütte wird vom Verein „Reither Alm“ betrieben und kann für Feiern aller Art gemietet werden. Der Verein selbst richtet regelmäßig Dämmerschoppen auf der Alm aus. Beim Abstieg von der „Reither Alm“ in Richtung Garbenheim kommt man am Bilderrahmen am Wetzlarer Goetheweg vorbei – der Blick durch den Rahmen zeigt das heutige Garbenheim von oben.


Heimatmuseum Garbenheim
Zurück im beschaulichen Ort sei noch das Heimatmuseum erwähnt. Der Heimatverein Garbenheim, einer der aktivsten Garbenheimer Vereine, betreibt die heimatkundliche Sammlung in dem alten Bauernhaus an der Ecke Untergasse/Kirchstraße. Der ursprüngliche Bau wurde beim großen Brand 1866 zerstört; der „Neubau“ beheimatete bis 1980 eine Bankfiliale. Im Heimatmuseum erfährt der Besucher viel Wissenswertes über die Ur- und Frühgeschichte der Region, die Orts- und Kirchengeschichte, über die Arbeit der Landbevölkerung, der heimischen Handwerker und Bergleute, ihre Trachten und Gerätschaften.

Die Vielfalt und Vollständigkeit der Sammlungsbestände machten es möglich, neben einer bäuerlichen Schlafstube und einer Bauernküche auch eine funktionsfähige Dorfschmiede, eine Schuster- und eine Schreinerwerkstatt zu zeigen. Ein Raum des Museums ist den Heimatvertriebenen und Flüchtlingen gewidmet, die nach dem 2. Weltkrieg in Garbenheim eine neue Heimat fanden. Im Dachgeschoss entstand ein großzügiger Raum für Wechselausstellungen – noch bis zum 31. August 2025 ist hier die Sonderausstellung „Werther und Wahlheim“, die sich mit Garbenheim und der Natur beschäftigt, zu sehen. Besuchen kann man das Museum jeden ersten Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr oder nach Absprache unter den Telefonnummern 06441-45292 oder 06441-46661.
776 erstmals urkundlich erwähnt
Garbenheim wurde als Ort erstmals im Jahr 776 in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Lorsch erwähnt. Die Ritter von Garbenheim, ein niederadliges Geschlecht, stellten die Burgmannen der Reichsburg Burg Kalsmunt. Das Dorf bildete zusammen mit Atzbach und Dorlar einen Gerichtsbezirk, der zu den Besitztümern der Grafen von Nassau-Weilburg gehörte. Infolge des Wiener Kongresses wurde die Bürgermeisterei Atzbach, zu der Garbenheim zählte, im Jahr 1816 preußisch. 1866 zerstörte ein Großbrand weite Teile des Dorfes. Die Kirche, das Pfarrhaus, 40 Wohnhäuser, mehrere Scheunen und Ställe brannten völlig aus. Doch bereits im Jahr 1883 wurde in Garbenheim eine neue Kirche fertiggestellt. Zum 1. Januar 1977 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde im Zuge der hessischen Gebietsreform in die neugegründeten Stadt Lahn eingegliedert. Dort wurde sie ein Teil des Stadtbezirks Wetzlar. Seit der Auflösung der Stadt Lahn am 1. August 1979 ist Garbenheim ein Stadtteil der Stadt Wetzlar. Heute leben hier rund 2300 Einwohner.
Vereinsleben und Gastronomie in Garbenheim
Garbenheim hat ein reges Vereinsleben. Unter www.vereine-garbenheim.de findet man einen Überblick. Dort findet man auch alle Vereinstermine. Nördlich des Stadtteils liegt das Segelfluggelände Garbenheimer Wiesen des Wetzlarer Verein für Luftfahrt. Einkehren kann man in Garbenheim in der Wahlheimschänke (immer ab 18 Uhr). Hier gibt es Getränke und kleine Speisen. Achtung: Bei den Rezensionen auf die neuesten achten- die Wahlheimschänke ist kein Speiserestaurant mehr. Für ein kühles Feierabendbier oder eine gesellige Runde Fußballschauen ist die Gaststätte aber ein beliebter Treffpunkt. Kaffee und Kuchen bekommt man in der Bäckerei und Konditorei Ufer.
Der besondere Tipp im Mai:
Wer nicht alleine wandern möchte: Am Sonntag, 18. Mai, um 13.30 Uhr bietet die Tourist-Information einen „Literarischen Spaziergang auf Goethes Spuren nach Garbenheim“ an. Start ist in der Wetzlarer Altstadt am Lottehaus. Im Anschluss an den Spaziergang wird im Heimatmuseum Garbenheim eine ländliche Kaffeetafel für 6 Euro pro Person angeboten (nur gegen Voranmeldung). Wichtig: Der Rückweg nach Wetzlar muss individuell organisiert werden, der Spaziergang endet in Garbenheim. Tickets gibt es hier.