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Die Denkmalpflege in Hessen hat eine lange, bis in das 18. Jahrhundert zurückreichende Tradition. Wohl die älteste Regelung ist die 1780 von Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel erlassene Denkmalschutzverordnung, „die Erhaltung der im Lande befindlichen Monumente und Altertümer betreffend“. Das erste umfassende Denkmalschutzgesetz in ganz Deutschland wurde 1902 für das damalige Großherzogtum Darmstadt erlassen – soweit die Vergangenheit, und dies ist unsere Gegenwart:

Der Denkmalschutz ist als Staatsziel im Artikel 62 der hessischen Verfassung verankert und konkretisiert im Hessischen Denkmalschutzgesetz, das 1974 in Kraft trat, eines der ersten Landesgesetze dieser Art. Eine Regelung erschien nötig, nachdem im 2. Weltkrieg unzählige Gebäude und Quartiere zerstört worden waren und in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts dem autogerechten Stadtausbau und sogenannten Sanierungsmaßnahmen

überall noch einmal fast genauso viele historische Gebäude zum Opfer fielen! Mit dem Verlust des Alten wuchs die Erkenntnis, dass historische Quartiere eine wesentliche Funktion für die Lebensqualität haben und keine unerschöpfliche Ressource sind.1986 wurde das Hessische Denkmalschutzgesetz novelliert. Wesentliche Neuerung ist, dass ein Kulturdenkmal dem besonderen Schutz des Gesetzes untersteht, ohne dass es förmlich in das Denkmalbuch des Landes eingetragen sein muss.

Ein Gebäude z. B. ist „ipso jure“ - also aufgrund seiner selbst – Kulturdenkmal, wenn es die Merkmale, die im Gesetz genannt sind (§2 Abs. 1 d. Hess. Denkmalschutzgesetz), auf sich vereinigt:

ein öffentliches Erhaltungsinteresse an einem Zeugnis der Vergangenheit aus künstlerischen, wissenschaftlichen, technischen, geschichtlichen oder städtebaulichen Gründen.

Damit ist ein deutlicher Wandel in der Begriffsauffassung „Kulturdenkmal“ feststellbar und auch konsequent: Unbestritten war für nahezu jedermann, dass Schlösser, Burgen, Herrensitze, Klöster, Kirchen und herausragende Ortsbilder Denkmäler waren.

Heute gilt neben diesem konservativen Denkmalverständnis ein erweiterter Denkmalbegriff, nämlich der Alltagsdenkmalpflege.

Man geht davon aus, dass alle sozialen Schichten zur kulturellen Entwicklung eines Gemeinwesens beigetragen haben. Deshalb können auch bäuerliche Anwesen, Mietshäuser, Siedlungsbauten, Fabriken, Arbeitersiedlungen oder auch Tankstellen Kulturdenkmäler sein.

Die jüngsten Kulturdenkmäler können dieser Auffassung folgend in die 50er Jahren des gerade vergangen 20. Jahrhunderts datiert werden. Die Zeit des „neuen Bauens“ unter Wiederaufnahme der stilistischen Auffassungen der sog. Bauhaus-Moderne, die in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus verpönt war und nach dem Ende des Dritten Reiches in der jungen Bundesrepublik nachvollzogen wurde - eine Art des Bauens in einer so als letzte in sich abgeschlossene Stilepoche. In Wetzlar finden sich als herausragende Beispiele für diese Art von Kulturdenkmälern das sog. „Euler-Haus“ und das Neue Rathaus der Stadtverwaltung, das als Verwaltungsneubau der Weltfirma Ernst Leitz in den Jahren 1955 bis 56 erbaut wurde.

Aus den Zeiten während und nach dem Ersten Weltkrieg stammen viele Wohnsiedlungen, die heute Gesamtanlagen im Sinne des Hessischen Denkmalschutzgesetzes sind, z. B. die Werkssiedlung der Fa. Buderus in der Eisenstraße/Werksstraße und Formerstraße.

An die Zeiten des Reichskammergerichts erinnern die prächtigen barocken Fachwerkhäuser in der Altstadt mit aufwändigem Schmuckwerk der Fassaden und prächtigen Ausstattungen wie z. B. Treppenräume und Stuckarbeiten des Rokoko.

Fachwerkhäuser sind auch in den eingemeindeten Dörfern (heute Stadteile) erhalten und erinnern an deren bäuerliche Vergangenheit.

Alle Einzeldenkmäler und auch die sog. Gesamtanlagen Wetzlars sind in dem Denkmalbuch, der sogenannten „Denkmaltopographie“ erfasst und ausführlich dargestellt mit Foto, Begründung, Beschreibung und Lageplanausschnitt. Dieses Werk, das vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen zusammen mit der Stadt Wetzlar erarbeitet wurde, ist im Frühjahr 2004 erschienen.

Denkmalbehörden: Denkmalschutz und Denkmalpflege werden durch verschiedene Behörden mit unterschiedlichen Aufgaben geregelt:

Oberste Denkmalschutzbehörde ist das Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Rheinstraße 23 - 25, 65185 Wiesbaden.

Die Untere Denkmalschutzbehörde ist in den kreisfreien Städten und in den kreisangehörigen Gemeinden, denen die Bauaufsicht übertragen ist, der Gemeindevorstand (Magistrat) und in den Landkreisen der Kreisausschuss.

Die Denkmalfachbehörde wie auch die Untere Denkmalschutzbehörde werden von einem Denkmalbeirat unterstützt.

Das Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Schloss Biebrich, 65203 Wiesbaden ist als Denkmalfachbehörde zuständig für alle fachlichen Belange, die Kulturdenkmäler berühren.

Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörde sind:

  • Beratung der Denkmaleigentümer/innen
  • Anwendung des Denkmalschutzgesetzes
  • Überwachung des Denkmalbestandes
  • Abwehr von Gefahren an Denkmälern
  • Erteilung von denkmalschutzrechtlichen Genehmigungen
  • Geschäftsstelle des Denkmalbeirates
  • Öffentlichkeitsarbeit, wie z.B. Vorbereitung und Organisation des „Tag des offenen Denkmals“

Die Beratung der Denkmaleigentümer/innen gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Denkmalbehörden, denn die Eigentümer oder Bauherren von geschützten Objekten sind häufig voller Enthusiasmus vor Bau-, Sanierungs- oder Instandsetzungsbeginn.

Dem gegenüber bedarf der Schutz der historischen Substanz der Denkmäler besonderer Techniken und Sorgfalt. Neuzeitliche Baustoffe und Bauelemente sind im Regelfall unpassend, verunstaltend und häufig bauphysikalisch schädigend für Denkmäler.

Der Umgang mit Baudenkmälern wirft vielerlei technische, handwerkliche und konservatorische Fragen auf, die über Laienkenntnisse deutlich hinausgehen und nur von erfahrenen und geeigneten am Bau Beteiligten zu klären sind. Häufig ist daher

die Einschaltung von denkmalerfahrenen Fachleuten (Restauratoren, Bauhistorikern u. a. ) nötig, um eine sichere Erkenntnis und Ausgangslage für die Planung und Ausführung zu gewinnen.

Die Beratung beschränkt sich nicht nur auf fachliche Angelegenheiten (z. B. bestimmte Restaurierungsmethoden), sondern erstreckt sich auch auf die Erlaubnis- oder Baugenehmigungsverfahren. Für Baumaßnahmen an Baudenkmälern, die zwar nach der Hessischen Bauordnung genehmigungsfrei sind, ist dennoch eine rein denkmalrechtliche Baugenehmigung einzuholen, diese ist gebührenfrei. Der zugehörige Vordruck kann auf der Homepage der Stadt Wetzlar heruntergeladen werden. In diesem Sinne genehmigungspflichtig sind auch alle Maßnahmen an Gebäuden innerhalb von Gesamtanlagen und auch in der Nähe von Einzeldenkmälern.

Zur Beratung gehören alle Fragen zur Förderung durch Zuschüsse oder Darlehen der öffentlichen Hand oder durch Steuervorteile.

Auskunft über die Denkmaleigenschaft geben die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Wetzlar und das Landesamt für Denkmalpflege Hessen.

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