Das Reichskammergerichtsmuseum

Das Reichskammergericht (1495 - 1806)
Im Jahre 1495 gründete Kaiser Maximilian I. im Zuge der Reichsreform und der Proklamation des „Ewigen Landfriedens“ das Reichskammergericht als oberstes Gericht des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Es hatte die Aufgabe, anstelle von Fehde, Gewalt und Lösegelderpressung ein geregeltes Streitverfahren vor Gericht durchzusetzen und damit Konflikte in friedliche Bahnen zu lenken. Nachdem das Reichskammergericht zunächst in Frankfurt am Main, dann in verschiedenen süd- und südwestdeutschen Städten residierte, hatte es seinen Sitz ab 1527 in Speyer und nach dessen Zerstörung von 1689 bis zum Ende des Alten Reichs 1806 in Wetzlar. Im 19. Jahrhundert geriet seine historische Bedeutung weitgehend in Vergessenheit. Erst im 20. Jahrhundert betonte die Forschung die Relevanz des Gerichts für die geschichtliche Entwicklung.
Tagungsorte des Reichskammergerichts in Wetzlar
Tagungsorte des Reichskammergerichts in Wetzlar
Das Reichskammergericht tagte von 1690 bis 1806 in Wetzlar, verfügte jedoch niemals über ein eigens als Gerichtsgebäude errichtetes Haus. Keiner der Entwürfe für ein Gerichtshaus wurde je verwirklicht. Stattdessen behalf man sich mit insgesamt drei größeren Gebäuden als Tagungsorten. Das Reichkammergerichtsmuseum befindet sich heute in keinem der historischen Tagungsorte, sondern im Avemann'schen Haus, einem dreistöckigen Kameralenpalais, das Ausstellungsräume, eine Bibliothek und die Forschungsstelle für Reichskammergerichtsforschung beherbergt.

Als das Reichskammergericht 1690 seine Arbeit in Wetzlar aufnahm, stellte die Stadt dem Gericht das ehemalige Rathaus zur Verfügung. Hier tagte es bis 1756.

Von 1756 bis 1782 befand sich das Reichskammergericht in diesem Haus am Domplatz.

Ein in Elemente zerlegbares Modell eines Solms-Laubach'schen Architekten zu einem geplanten Neubau, der - ebenso wie andere gleichartige Projekte - nie zur Verwirklichung kam.

Das Ingelheim'sche Palais diente von 1782 bis zur Auflösung des Alten Reichs im Jahr 1806 als Sitz des Reichskammergerichts.
Das Museum
Von interessierten Persönlichkeiten aus Justiz, Forschung und Kommunalpolitik wurde 1985 in Wetzlar die Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V. gegründet, die sich die Einrichtung eines Museums und einer Forschungsstelle zur Aufgabe gemacht hatte. Die Arbeit wird durch einen wissenschaftlichen Beirat unterstützt.
Schon zwei Jahre später wurde 1987 das Museum eröffnet. Es nutzt ein von dem Kammergerichtsassessor Johann Hermann Franz von Pape erbautes dreistöckiges Kameralenpalais, das sich vorzüglich für die museale Präsentation eignet.
Schon zwei Jahre später wurde 1987 das Museum eröffnet. Es nutzt ein von dem Kammergerichtsassessor Johann Hermann Franz von Pape erbautes dreistöckiges Kameralenpalais, das sich vorzüglich für die museale Präsentation eignet.

Eigenbesitz und Dauerleihgaben
Als historisches Spezialmuseum greift es auf einen beträchtlichen Eigenbesitz und auf Dauerleihgaben zurück. Aufbau, Arbeitsweise, Schwierigkeiten und Behinderungen, doch auch Leistungen und Wirkungen des Reichskammergerichts während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit, seine Rolle im Zusammenwirken der Reichsorgane und seine Bedeutung für die Entwicklung der Rechtsliteratur und der Sozial- und Mentalitätsgeschichte werden im Museum dargestellt. Dazu werden originale Bildnisse, Möbel, Plastiken und zeitgenössische Drucke gezeigt. Außerdem steht ein Raum mit 40 Sitzplätzen zur Verfügung, in dem eine mehrsprachige Tonbildschau in das Thema einführt.
Goethe als Praktikant am Reichskammergericht

Goethe als Praktikant am Reichskammergericht
Johann Wolfgang von Goethe praktizierte nach Abschluss seiner Rechtsstudien in Straßburg im Jahr 1771 zunächst als Advokat im väterlichen Haus zu Frankfurt. Um seine juristischen Kenntnisse zu vervollkommnen, schrieb er sich von Mai bis September 1772 am höchsten Reichsgericht als Praktikant ein.
Von Goethes Praktikantenzeit am Gericht sind nur wenige Belege erhalten. Für die Literaturgeschichte und für die Stadt Wetzlar waren die Wetzlarer Begegnungen und Beziehungen jenes Sommers jedoch prägend: Die Weltliteratur erhielt den "Werther" und Wetzlar ist seitdem als Goethestadt Objekt literaturgeschichtlichen Interesses.

Die besondere Neuerwerbung
Die besondere Neuerwerbung
„Sassenspegel mit velen nyen Addicien san dem Lehensrechte unde Richtstige. Ad Lectorem Saphicum cum Gliconico, Saxonum dicor speculum, legenti Leges, iuraque tribuo. Saxonum lingua loquor, ipse Saxo Per me iura leget sua.”
Eike von Repgow, Augsburg, Silvanus Otmar 1516
Eike von Repgow, Augsburg, Silvanus Otmar 1516

Die jüngste bedeutende Neuerwerbung der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung stellt Eike von Repgows Sachsenspiegel in einer frühen Druckschrift von 1516 dar.
Die Ausgabe enthält eine monogrammierte Holzschnitt-Titelbordüre von Daniel Hopfer und einen fast ganzseitigen Holzschnitt von Hans Schäufelein sowie zahlreiche in Rot eingemalte Initialen.
Es handelt sich um einen Primärdruck des Sachsenspiegels, das heißt einen Druck, der direkt auf Handschriftenvorlagen zurückgeht. Diese seltene Ausgabe enthält sowohl das Land- als auch das Lehnrecht. Ihre Bedeutung wird nicht zuletzt durch die Existenz eines Faksimile-Drucks aus dem Jahr 1978 unterstrichen.
Die Ausgabe enthält eine monogrammierte Holzschnitt-Titelbordüre von Daniel Hopfer und einen fast ganzseitigen Holzschnitt von Hans Schäufelein sowie zahlreiche in Rot eingemalte Initialen.
Es handelt sich um einen Primärdruck des Sachsenspiegels, das heißt einen Druck, der direkt auf Handschriftenvorlagen zurückgeht. Diese seltene Ausgabe enthält sowohl das Land- als auch das Lehnrecht. Ihre Bedeutung wird nicht zuletzt durch die Existenz eines Faksimile-Drucks aus dem Jahr 1978 unterstrichen.
Die Forschungsstelle
In demselben Haus ist die Forschungsstelle zum Reichskammergericht angesiedelt, die je hälftig vom Land Hessen und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main finanziert wird. Sie untersucht anhand der 80.000 Prozessakten die Grundlagen, Methoden und Wirkung der Rechtsprechung des Reichskammergerichts sowie die rechtlichen und sozialen Verhältnisse der Richter und Anwälte.
Die Forschungsstelle begreift sich als Koordinierungsstelle aller Forschenden, die sich mit der Höchsten Gerichtsbarkeit im Zeitraum von 1500 bis 1800 befassen. In eigenen Räumlichkeiten finden regelmäßig internationale Kolloquien renommierter Wissenschaftler/innen zur aktuellen Forschungstätigkeit statt. Nachwuchswissenschaftler/innen haben sich in einem "Netzwerk Reichsgerichtsbarkeit" mit eigenen Tagungen zusammengeschlossen.
Die Forschungsstelle begreift sich als Koordinierungsstelle aller Forschenden, die sich mit der Höchsten Gerichtsbarkeit im Zeitraum von 1500 bis 1800 befassen. In eigenen Räumlichkeiten finden regelmäßig internationale Kolloquien renommierter Wissenschaftler/innen zur aktuellen Forschungstätigkeit statt. Nachwuchswissenschaftler/innen haben sich in einem "Netzwerk Reichsgerichtsbarkeit" mit eigenen Tagungen zusammengeschlossen.